Besuch in der Gedenkstätte Hoheneck

Kranzniederlegung in Hoheneck
Kranzniederlegung in Hoheneck

Das DDR-Frauengefängnis Hoheneck

24.000 Frauen wurden zwischen 1945 und 1989 angeklagt wegen „Mitwisserschaft oder Beihilfe zum Landes- oder Vaterlandsverrat“ oder wegen „antisowjetischer Propaganda“ oder wegen geplanter oder versuchter Republikflucht oder schlicht wegen Spionage und dann im Frauengefängnis Hoheneck, Stollberg inhaftiert. Dabei handelte es sich um erfundene und willkürliche Anklagen oder sie waren die Folge einer Denunziation. Im Ergebnis wurden die Frauen mit bis zu 25 Jahren Zwangsarbeitslager verurteilt.  In Sachsenhausen, in Hohenschönhausen und dann in Hoheneck behandelten sie die „Erzieherinnen“ und die mitgefangenen Kriminellen wie Verbrecherinnen. Hunger, Kälte, Einsamkeit, Arbeit bis zur Erschöpfung und willkürliche Bestrafungen kennzeichneten fortan ihren Haftalltag in Hoheneck.

Ursächlich war, dass die Frauen einfach nur eigenständiger, freier und unbevormundeter leben wollten mit ihren Kindern und Partnern und Freunden. Die sowjetische Militäradministration und die nachfolgende DDR reagierten darauf jedoch überängstlich mit Willkür, Gewalt und Tod. Rechtsstaat? Fehlanzeige! Und genau das verbindet die Hoheneckerinnen mit Arno Esch. Auch er hatte sich für mehr Freiheit und Demokratie eingesetzt. Sein Weg führte allerdings nicht nach Hoheneck, sondern nach Moskau.

Regina Labahn und Theo Schreckenbach

Eine der Hoheneckerinnen war bzw. ist Regina Labahn. Sie und Theo Schreckenbach (Foto) erzählten mir die Geschichte des Stollberger Posaunenchors. Theo Schreckenbach, heute im 90. Lebensjahr und jahrelanges Mitglied im Posaunenchor, hatte sich mit Freunden des Posaunenchors auf ein Gartengrundstück nahe des Frauengefängnisses Hoheneck gestellt und ein Ständchen gespielt. Sie spielten an diesem 1. Januar 1954 angeblich anlässlich eines Geburtstags. Aber eigentlich spielten sie für die namenlosen Frauen in Hoheneck. Das drang hinüber und durch die Mauern und kam an. Die Frauen hingen dankbar an den Gitterstreben und hängten als Zeichen weiße Taschentücher aus den Fenstern, wo das ging.

Eine Frau dankte später mit den Worten „herzlichen Dank“, gerufen mit einem Handtrichter vor dem Mund in Theos Richtung, als sie einen Augenblick unbeobachtet unten am Gewächshaus stand. Die „Wachtel“ (Wachpersonal) konnte es nicht mehr verhindern. Und so spielten Theo und der Posaunenchor noch viele Male und gaben den Frauen nachweislich Kraft und Mut damit.

In Hoheneck erinnert seit dem 12. Juli 2024 ein neuer Gedenkstein in der ehemaligen Frauenhaftanstalt der DDR an dieses dunkle Kapitel der DDR-Geschichte und ist nun als dauerhafte Gedenkstätte etabliert. Sie erinnert daran, was vor 35 Jahren mit dem Ende des DDR auch endlich eintrat: das Ende des berüchtigten Frauengefängnises und Symbol des Unrechts in der DDR.

Literaturempfehlung

Wer noch mehr darüber wissen will, dem würde ich als Einstieg Literatur oder Videos und Filme von Ines Veith nahelegen wollen. Zu finden in allen Mediatheken.

Dr. Rolando Schadowski